Verbot der Prostitution?

In letzter Zeit ist in der Gesellschaft und Politik eine erneute Diskussion um ein gänzliches Verbot der Prostitution entflammt. Nicht nur konservative Politiker, sondern auch Menschen, die liberal, aber die Ausbeutung von Zwangsprostituierten sind, würden gerne ein generelles Verbot sehen. Im letzten Jahrzehnt sah es diesbezüglich noch ganz anders im Lande aus. Rot-Grün hatte vor elf Jahren für mehr Freiheit und Selbstbestimmung für Prostituierte in Deutschland plädiert und entsprechende Neuregelungen geschaffen. Was das streitige Thema angeht, so prallen derzeit zwei Sichtweisen aufeinander.

Forderung nach einer Gesetzesverschärfung

Zwar hatte die Union die Einführung des legalen Berufs „Hure“ als normale Tätigkeit mit allen Rechten und Pflichten noch nie begeistert – es war jedoch trotz einiger Änderungsversuche nichts weiter geschehen. Sogar die Frist für eine EU-Richtlinie gegen Menschenhandel, die bezüglich des Themas Zwangsprostitution durchaus wichtig gewesen wäre, war von der Bundesregierung verpasst worden. Mittlerweile ist das Geschäft mit dem käuflichen Sex in der Öffentlichkeit in ein ziemlich negatives Licht gerückt. Berichte in den Medien über junge Frauen aus armen Ländern, die aufgrund ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland durch Täuschung und Betrug zum zwangsweise Verkaufen ihrer Körper getrieben werden, häufen sich. Dazu kommt insbesondere in Großstädten der nicht zu übersehende Straßenstrich, wo sich selbst unbeteiligte Bürger ein Bild von der Situation machen können. Wenn das Anpreisen der Frauen öffentlich vor aller Augen geschieht und an manchen Orten sogar benutzte Kondome den Weg pflastern, ist verständlicherweise die Empörung groß.

Die bekannte Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, schon seit vielen Jahren im Kampf gegen die Prostitution, in der sie eine Abwertung von Frauen generell sieht, hat im Zuge der allgemeinen Diskussion eine Kampagne gestartet. In der Zeitschrift „Emma“ sammelte sie Unterschriften für die Kampagne „Appell gegen Prostitution„, für die sich auch etliche Prominente gefunden haben. Sofern eine ausreichende Menge Unterschriften vorhanden ist, soll der Appell der Bundeskanzlerin überreicht werden. Am 7. November 2013 lagen dem Frauenmagazin bereits 3.500 Stimmen, die sich für eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes aussprechen, vor. Obwohl es bei dem Emma-Aufruf und den Diskussionen in der Koalition vordergründig vor allem um die Bekämpfung von Menschenhandel und Zwangsprostitution geht, sind auch andere Ideen vorhanden, so z. B. eine Bestrafung von Freiern, die Zwangsprostituierte aufsuchen, erweiterte Polizeikontrollen und obligatorische gesundheitliche Untersuchungen. Es ist auffallend, dass es bei dem Verbotsappell vorrangig um die negativen Aspekte von Prostitution geht, beispielsweise Menschenhandel und negatives Frauenbild.

Forderung nach einem anderen öffentlichen Bild

Auf der anderen Seite gibt es Frauen, die ihrem Beruf mit der käuflichen Liebe ganz bewusst und selbstbewusst nachgehen. Ein Beispiel dafür ist Johanna Weber, Begründerin des kürzlich ins Leben gerufenen deutschen Berufsverbandes für sexuelle Dienstleister. Sie hat im SPIEGEL ONLINE erklärt, um was es ihr bei ihrer Arbeit geht. Der Bundesverband für sexuelle Dienstleister vertritt all jene, die im erwähnten Bereich arbeiten – egal ob im Bordell, auf der Straße, im Masseurstudio oder anderswo. Obwohl es bereits zuvor Pläne für einen derartigen Berufsverband gab, ist er erst jetzt Realität geworden. Johanna Weber möchte damit ein Umdenken in der Politik bewirken und zeigen, dass es Frauen gibt, die sich bewusst für die Ausübung von sexuellen Dienstleistungen entscheiden. Sie verfolgt mit der Gründung gleichzeitig das Ziel, das in den Medien negative Bild von der Sexarbeit positiv zu beeinflussen. Denn Zwangsprostitution und schlechte, unsaubere Arbeitsbedingungen scheinen das Bild häufig zu prägen – was ihrer Meinung nach nicht der überwiegenden Realität.

Die gesetzlichen Änderungen der rot-grünen Regierung, die nun elf Jahre zurück liegen, sieht Johanna Weber noch immer positiv. Denn es sei Prostituierten seitdem möglich, ihre Arbeit auf legalem Wege zu machen. Das heißt, dass sie sich sozialversichern und Entgelte einklagen können. Fakt ist jedoch: Obwohl das Anmelden rein rechtlich möglich ist, melden sich noch immer nicht alle im Sexgewerbe Tätige auch formell an – häufig aufgrund des noch immer bestehenden, negativen Bildes von jeder Art von Prostitution und entsprechender Angst vor Nachteilen.

Blick in die aktuelle Realität

Wer sich ein reales Bild von der Situation machen möchte, muss sich die Fakten und Zahlen ansehen. Es wird geschätzt, dass jedes Jahr fast 15 Milliarden Euro im Bereich der sexuellen Dienstleistungen umgesetzt werden. Offiziell sind im ganzen Land jedoch nur 44 Personen als Sexarbeiter angemeldet, wie aus einem Artikel in „Die Welt“ hervorgeht. Irgendetwas muss also falsch laufen – und das, obwohl im Jahr 2002 nach dem Erlass des liberalen Prostitutionsgesetzes alles so hoffnungsvoll aussah. Der Prostitution sollte die Illegalität genommen werden, was der Achtung der dort tätigen Menschen als auch der deutschen Finanzkasse zugute kommen sollte. Letztendlich ist jedoch im Jahr 2013 nur ein verschwindend geringer Anteil der Prostituierten offiziell gemeldet. So können die tatsächlichen Zahlen nur geschätzt werden, selbst von amtlichen Stellen deutscher Städte. Registriert werden so nur die Polizeirazzien in Bordells – und diese gelangen auch häufig in die Schlagzeilen. In Großstädten arbeiten schätzungsweise jedoch Tausende von Menschen, die ihren Körper verkaufen.

Situation in anderen europäischen Ländern

Das Thema Prostitution sorgt auch in anderen europäischen Ländern für Tumult. In einigen EU-Ländern ist käuflicher Sex verboten, in anderen (z. B. Dänemark) wird das Thema liberaler gehandhabt. In Frankreich, wo von der Regierung angedacht ist, künftig Freier mit einer Geldstraße von 1500 Euro zu bedenken, waren Prominente, darunter bekannte Schauspieler und TV-Moderatoren, nun besonders mutig und haben sich bezüglich ihres Besuchs von Prostituierten geoutet. Das sogenannte „Manifest der 343 Dreckskerle“, das sie unterschrieben haben, fordert explizit ein Recht auf käuflichen Sex und Straffreiheit für Freier. Die Prostituierten in Frankreich unterstützen ihre Freier dabei – denn ohne diese würde ihr Geschäft erheblich leiden.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. […] Ja, wenn ein Hitzlsperger sich als schwul outet, sind die Gazetten voll von Respekt. Aber wenn ein Promi mit einer Nutte erwischt wird, ist er dran. Verliert vielleicht gar seinen Job. Schwul sein wird respektiert. Freier zu sein scheint ein Verbrechen zu sein oder soll gar als solches geahndet werden. […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert